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Dash Hard 2
JP Hyper



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Bewertung: - - -/5.00
Erstellt: 11.11.2019, 07:09
Update: 11.11.2019, 07:23
Dark
My little Pony - FIM
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Dash Hard 2
Some Mares don’t die

1. Kapitel: Verstörende Symptome

Schwarz. Alles war schwarz. Doch sie vernahm ein konstantes Piepen und rätselte, was das sein konnte. Ein Wecker war es bestimmt nicht. Eine Alarmanlage auf keinen Fall. Es musste etwas sein, was ihr Leben retten konnte. Die Luft, die sie einatmete roch chemisch und frisch. Ein ähnlicher Geruch, den man aus Apotheken kannte. Die Geräusche nahmen immer mehr Präsenz ein. Als sie die Augen öffnete, blendete das helle Licht. Sie konnte keine Umrisse ausmachen. Es war so als würde sie durch trübes Wasser sehen.
Rainbow Dash schloss wieder die Augen und dachte nur:
„Wo… bin ich?“
Die Antwort auf diese Frage ließe sich nur beantworten, wenn sie die Augen wieder öffnete. Langsam wurde die Sicht klarer.
Das erste was sie sah war eine kreisförmige Neonlampe, die ihr kaltes Licht abstrahlte. Die Decke war weiß und die Wände waren türkisgrün. Ihr erster Gedanke war ein Labor. Wurden Experimente an ihr durchgeführt? Doch dann bemerkte sie, dass sie in einem Bett lag. Weich und eingekuschelt mit Verbänden überall, eingepackt wie bei einer Mumie. Unter Anstrengung bewegte sie ihren Vorderlauf nach oben. Sämtliche Kabel hingen an ihr. Sie stöhnte auf und ließ den Arm fallen. Mit verdrossener Miene wurde ihr klar wo sie sich befand. In einem Krankenhaus. Und was neben dem Bett piepte war ein EKG, auf dem ein höchst vitaler Zustand angezeigt wurde. Rainbow Dash spürte langsam das Leben in ihr zurückkehren. Sie bewegte ihre Beine, die ein wenig wehtaten. Ihre Flügel waren unter dem Rücken eingeklemmt, aber die spürte sie auch. Alles schien an ihr dran zu sein. Aber mehrere Fragen kamen auf: Wie kam sie hier her? Was war passiert?
Ein Blitz schoss durch ihren Kopf. Der Blick eines wütenden Greifens flammte vor ihren Augen auf. Dann ein weißes Licht. Es waren Fetzen von Erinnerungen, die ihr wehtaten. So sehr, dass sie sich keuchend aufrichtete.
Mehrere Bilder erschienen. Die Wolkenstadt, die Wetterfabrik, die Wonderbolts, Himmel und Feuer… Viel Feuer. Es wurde mächtig heiß. Ihre Regenbogenmähne war vom Schweiß patschnass. Sie suchte mit ihren pinken Augen den leeren Raum ab. Das Atemgerät wurde ihr allmählich lästig und riss es von sich. Sie drehte ihren Kopf zu einem Nachttisch. Da standen weiße Blumen und eine Karte mit einer Nachricht:
„Vergiss mich nicht! <3“
Sie konnte sich nicht erinnern, aber die Karte ließ sie erröten. Jemand war für sie da und liebte sie. Auf einmal meldete sich etwas anderes in ihrem Körper. Es war ihre Blase. Sie musste es schaffen aus dem Bett zukommen, aber ihre Extremitäten fühlten sich schwer und taub an. Also musste sie kämpften. Es war so als würde sie durch ein Pool aus Watte schwimmen. Endlich erreichte sie den Rand des Bettes und klammerte sich dran. Dann zog sie sich mit eigener Kraft raus. Ihre Muskeln schmerzten dabei. Sie plumpste aus dem Bett. Der Aufprall tat nicht so weh wie ihre Glieder. Zu spät bemerkte sie, dass sie mit Schläuchen und Kabeln angeschlossen war, die sich um ihr verheddert hatten. Ein Schlauch hatte sich um ihr Bein gewickelt und sie musste es von ihr abschütteln.
Jetzt versuchte sie auf allen Vieren zu stehen, was leider nicht so ganz klappte. Es wurde langsam dringend. Sie robbte los und zog alle verbundenen Instrumente mit sich. Ihre Hufen taten weh, wahrscheinlich waren ihre Knochen noch nicht ganz geheilt. Stöhnend schlurfte sie weiter.

Schwester Redheart spazierte summend durch den Gang. Rechts von ihr führten die Türen zu den Patienten. Heute Morgen war es still und friedlich. Sie war die Erste, die diesen Flügel beschritt. Es war schon so ruhig, dass man die frühen Vögel draußen hören konnte. Die weiße Stute mit der hellrosa Mähne ging an einem Fenster vorbei und sah kurz angetan hinaus. Ein recht frischer Morgen, heute Nacht hatte es geregnet. Die Tautropfen hingen noch an den dünnen Ästen und tropften nur in langen Abständen hinab. Redheart ging weiter und meinte innerlich, dass es einer der Tage sein wird, der nicht viel zu bieten haben wird. Stets machte sie die Betten, verabreichte die Medizin und gab seelischen Beistand, wenn es nötig war. Ihren Job machte sie gerne und fleißig. Es erfreute sie immer, wenn es dem Patienten nach einem Gefühlsausbruch wieder besser ging.
Sie lief an Zimmer 747 vorbei. Das Zimmer gehörte einer Patientin, die einiges durchmachen musste. Redheart erinnerte sich. Sie wurde vor zwei Monaten hier eingeliefert. Schwer verletzt mit etlichen Knochenbrücken. Sie lag bis heute im Koma und es war ungewiss, wann sie wieder aufwachen würde. Redheart hatte große Sorge um sie. Die arme Stute im Zimmer war ein Opfer eines großen Verbrechens gewesen. Viele Pegasi wie sie mussten darunter leiden. Die Erdpony-Schwester hatte nur davon gehört. Es erschütterte sie, dass so etwas überhaupt in einem friedlichen Land passieren konnte. Redheart betete täglich zu Prinzessin Celestia, das es der verletzten Stute bald wieder besser ging.
Sie wollte weiter gehen, doch da vernahm sie ein merkwürdiges Kratzen und Stöhnen aus dem Raum. Erst dachte sie es war nur eine Einbildung. Sie legte ihre Ohren nach vorn um sich zu vergewissern, ob sie richtig hörte.
Scharrende Hufen, ein klägliches Jammern und dann wieder scharrende Hufen.
Redheart hastete sofort zur Tür und riss sie auf. Dann erschrak sie fürchterlich, als sie den Patienten auf dem Boden sah.
„Wo ist das Klooo?“, maulte Rainbow mit ausgestrecktem Huf.
Redheart fehlten einfach nur die Worte. Diese Stute lag monatelang im Koma und das waren die ersten Worte? Die Schwester musste die Fassung bewahren. Sie war wach. Sie, die den Anführer der Terroristen zur Strecke brachte und sich selbst aufgeopfert hatte. Redheart half ihr auf. Sie war noch viel zu benommen, ihre Bewegungen waren unkoordiniert. Sie blickte die Krankenschwester fragend an. Ihre Augenlieder hingen verschieden tief und ihr Maul blieb nur halboffen stehen. Für die Schwester ein deutliches Zeichen, dass der Patient noch nicht ganz genesen war.
„Zurück ins Bett! Ich muss den Chefarzt benachrichtigen!“
„Aber ich muss aufs Klo.“
Redheart trug sie ins Bett und deckte sie zu. Danach ordnete sie die Kabel der Maschinen, die sich durch Rainbow Dashs Ausreißer verheddert hatten.
„Sie sind an einem Katheder anschlossen. Sie können laufen lassen“, sagte Redheart. Rainbow Dash stutzte.
„Was?“
Doch die Schwester war schon hinaus galoppiert.

Sie rannte runter zum Büro von Dr. Horse. Der hellbraune Einhornhengst mit der eichenholzfarbigen Mähne war häufig um diese Uhrzeit hier anzutreffen. Er saß gerade am Computer und sah sich die Patientenlisten an. Dabei trank er einen guten Morgen Tee. Er starrte relativ neutral auf den Bildschirm, da es seine gewöhnliche Routine war die Listen durchzuchecken. Er musste bei einigen Patienten vorbeischauen. Sie wurden heute entlassen. Sämtlicher Kram halt.
Er rechnete nicht damit, dass Redheart die Tür wie einen Rammbock aufstieß. Vor Schreck verschüttete Dr. Horse etwas Tee auf die Tasten.
„Doktor! Doktor! Etwas ist geschehen!“, rief die Stute.
Der Hengst war hinsichtlich verärgert über diese stürmisch Art von Redheart. Vor allem musste er jetzt die Tastatur des Computers säubern. Er schob seine Brille zu Recht und sah sie grimmig an. Normalerweise war die Schwester sehr ruhig und rücksichtvoll. Doch jetzt schien sie wie vom Hafer gestochen zu sein.
„Was ist los?“
Redheart war noch am Keuchen, weil sie die Stufen hinunter gerannt war und durch einen ganzen Flur rennen musste.
„Nun… Es ist Rainbow Dash. Sie ist aufgewacht!“
Der Chefarzt wurde aufmerksamer und stand sofort auf. Den Tee und die nasse Tastatur ließ er stehen.
Einen Stock höher öffnete Dr. Horse die Zimmertür. Rainbow Dash lag im Bett und sah nachdenklich aus dem Fenster. Als der Doktor näher kam, sah sie ihn an. Er musste schmunzeln. Sie war quicklebendig. Für einen Arzt war es immer ein Segen, wenn der Patient aus einem Koma erwachte. Außerdem kannte er Rainbow Dash schon lange. Es war nicht selten, dass sie von ihm behandelt werden musste. Pegasi waren allgemein häufiger in Unfällen verwickelt als Erdponys oder Einhörner. Bei Rainbow Dash waren es Prellungen und Schürfwunden, manchmal auch gebrochene Flügel. Aber der Doktor konnte sie jedes Mal wieder gesund pflegen. Sie war eine Kämpferin und stark. Darum glaubte er daran, dass sie eines Tages aufwachte.
„Sind Sie der Doktor?“, fragte Rainbow Dash. Sein Lächeln verschwand.
„Der bin ich“, sagte er monoton. „Wissen Sie, was mit Ihnen passiert ist?“
„Ich… weiß es nicht…“
Dr. Horse nickte.
„Sie sind frontal auf die Erde gestürzt.“ Dann begann er sie zu untersuchen. „Können Sie sich an irgendetwas anderes erinnern?“
Rainbow Dash sagte nichts und sah stumm auf ihr Bettlaken. Dr. Horse ließ es dabei.
„Lassen Sie sich Zeit. Sie müssen nichts antworten. Ruhen Sie sich aus, es wird alles sehr verwirrend sein.“
Rainbow starrte wieder aus dem Fenster, als würde sie nachdenken. Sicher erinnerte sie sich an ein paar Sachen. Ponys, die sie flüchtig kannte schien sie vergessen zu haben. Vielleicht würden die Erinnerungen später zurückkehren.
„Ich werde ihre Angehörigen unterrichten, fürs erste ruhen Sie sich schön aus.“
Rainbow Dash sah verwirrt drein. „Wer?“
Sie war anscheinend total desorientiert, das bereitete dem Doktor Sorgen. Doch er musste seinen Pflichten nachgehen. Die Prinzessin hatte ihm einst gesagt, wenn sie aufwachen sollte, wollte sie es sofort wissen. Zunächst wandte er sich zu Red Heart.
„Der Katheter muss ausgewechselt werden. Währenddessen muss ich Prinzessin Twilight Sparkle eine Nachricht überbringen.“

Die Prinzessin der Freundschaft klopfte auf den Kartentisch im Besprechungssaal. Fast alle waren um ihn herum versammelt. Zuvor beherrschte ein wildes Geplapper die Halle. Die Erdponystute Pinkie Pie quasselte mit Rarity und Applejack ohne Ende.
„In Ordnung, erzählt: Wie ist es verlaufen?“, fragte Twilight die Farmerin der Apfelplantage in Ponyville.
„Pinkie und ich haben den Streit zwischen den Diamant Dog Clans schlichten können. Bis zu einem Krieg hätte nicht viel gefehlt. Irgendwann haben die Häuptlinge sich gegenseitig angestarrt bis sie sich lachend auf die Schulter geklopft haben.“
Twilight stimmte das zufrieden. Hier wurde ein Blutvergießen verhindert.
„Sehr gut gemacht!“, lobte sie die beiden Erdponys.
„Danach haben wir eine riesige Party geschmissen! Hehe!“, quiekte Pinkie.
„Doch das Essen war… Na, ja!“, fügte Applejack leise hinzu.
Plötzlich lief eine Wache in purpurner Rüstung in den Saal. Er vergaß beinahe die respektvolle Verneigung, ehe er zu sprechen begann.
„Eure Majestät, wichtige Neuigkeiten!“
Twilight hatte nun ihre eigene Wache vor dem Schloss stehen. Eigentlich wollte sie das nicht. Doch die Sonnenprinzessin Celestia bestand auf diesen Schutz. Seitdem patrouillierten mehr Wachen durch die Städte und Dörfer und Twilight fragte sich, ob es wirklich nötig war. Die Präsenz der E.P.U.-Garde sollte zwar mehr Sicherheit bedeuten. Aber es bedeutete auch gleichzeitig Einschüchterung.
„Was gibt es zu berichten?“, fragte Twilight kühl und war für eine Sekunde von sich selbst überrascht. So autoritär hatte sie noch nie geklungen.
„Was gibt’s?“, fügte sie etwas lockerer hinzu.
Der Soldat verließ seine Verbeugung und überreichte im schnellen Trott ihr einen Brief. Das Rote Kreuz Siegel mit den vier Herzen zeigte, dass es vom Krankenhaus stammte. Twilight ahnte Schlimmes. Als sie den Brief las, wurde ihr Atem immer schneller. Ihre Freundinnen sahen sie besorgt an. Nach einer Weile sank sie das Blatt. Unter ihren Augen hatten sich Freudentränen gebildet. Eine schönere Nachricht hatte sie schon lange nicht mehr gehört.
„Rainbow Dash ist aufgewacht.“
Pinkie war sofort aus dem Häuschen. Sie ballte ihre Hufen aneinander und vibrierte wie ein Presslufthammer. Dann brach sie in einen euphorischen Freudenschrei aus und sprang vom Sessel.
„Juhuu! Unsere Dashie hat es geschafft!“
Rarity hatte sich von Twilight anstecken lassen und begann auch zu weinen.
„Ich… Weiß nicht was ich sagen soll! Das ist so schön zu hören!“
Applejack strahlte einfach nur und rief ein vergnügtes „Jihaa!“ aus. Die kleine Freude bekam jedoch einen kleinen Dämpfer, als Twilight kopfschüttelnd den Huf hob.
„Das war nicht alles. Sie ist wach, aber hier steht, dass sie sich womöglich an nichts erinnern wird.“
„Wie meinst du das?“, fragte Rarity besorgt.
„Na, ja! Es könnte sein, dass sie vielleicht… uns vergessen hat.“
Applejack zog den Hut herunter. Pinkie war auch ganz still geworden.
„Wir dürfen sie gleich besuchen! Hoffen wir, dass es nicht so ist, wie es hier steht.“
Twilight Sparkle bereitete es eine Gänsehaut. Alle Freundschaftserinnerungen auf einmal gelöscht? Bald würden sie mehr erfahren.
Twilight ließ die anderen voraus laufen. Sie berührte einen verstaubten Sitzplatz, auf dessen hohen Lehne drei rosa Schmetterlinge waren. Seit Tagen hatte sie diesen Thron weder berührt, noch verschoben. Sie wollte absolut nichts daran ändern. Doch nun hatte sie ihn wieder berührt und ein Gefühl von Traurigkeit kam auf. Sie und ihre Freundinnen hatten viel durchmachen müssen, als sie diesen Verlust erleiden mussten. Jetzt war das Meiste überwunden, aber der Freundeskreis hatte tief im Innern seelische Narben hinterlassen, die vermutlich ein Leben lang bleiben werden.
„Twilight? Kommst du?“
Fragte Applejack hinter der Tür lugend.
„Oh, ja! Ich brauch noch etwas Zeit…
Das Erdpony merkte, was sie meinte und lief wieder in den Saal. Beide schauten den verzierten Stuhl lange an.
„Sie hätte sich bestimmt sehr gefreut“, antwortete sie ruhig.
Twilight senkte die Ohren. „Ja. Doch das Schlimmste ist, wir müssen es Rainbow Dash wahrscheinlich beibringen.“
Applejack sah sie ernst an. „Das willst du ihr nicht wirklich sagen, oder? Ich weiß nicht, aber ich würde es nicht tun.“
Twilight war verblüfft. Allein an ihrer Mine konnte Applejack verstehen, was sie meinte.
„Wenn wir es ihr gleich erzählen, könnte es sich negativ auf ihre Gesundheit auswirken. Wir wissen nicht, wie stabil sie eigentlich ist.“
Twilight seufzte schwermütig. Da hatte sie Recht. Vielleicht wusste es Rainbow schon. Doch egal ob sie es wusste oder nicht, es würde den Freunden alte Wunden aufreißen.

Die vier Freunde gingen mit Dr. Horse in Begleitung durch den Gang auf Rainbows Zimmer zu. Alle waren sehr nervös. Das konnte der Arzt spüren und ihnen nicht verübeln. Aber er musste ihnen erzählen, wie es um die Patientin stand.
„Also, sie ist bei vollem Bewusstsein. Sie spricht sogar, wenn auch in einfachen, kurzen Sätzen. Was ihre Erinnerungen betrifft, wir können es nicht sagen. Mich hat sie jedenfalls nicht wiedererkannt. Vielleicht wird sie Ponys, die näher zu ihr stehen wiedererkennen. Wie Sie zum Beispiel, Prinzessin. Nun ihr dürft eintreten ein. Ich gebe euch zehn Minuten.“
Twilight nickte und lief am Doktor vorbei. Sie klopfte vorsichtig an die Zimmertür. Es kam keine Antwort, was sie auch nicht erwartet hatte.
„Rainbow?“
Vor ihnen lag der cyanblaue Pegasus im Bett und sah die Neuankömmlinge neutral an. Sie blinzelte sie aufmerksam an, was die Freunde unglaublich nervös machte. Rarity hielt ihren Huf vor den Mund flüsterte Twilight zu.
„Ich habe die Befürchtung, sie erkennt uns nicht wieder.“
Die Prinzessin keuchte bestürzt und sah zur Patientin. Diese sah die Ponys immer noch an, als erwartete sie eine Vorstellung. Sie blinzelte wieder und hob ihren Kopf. Dann lächelte sie breit.
„Freunde.“
Twilight kamen erneut die Freudentränen, den anderen erging es genauso.
„Oh, Rainbow…“
Dafür gab es keine einfachen Worte. Es war so schön, wie sie lachte. Es linderte den Schmerz, den die Freunde in erleiden mussten ein wenig. Ein kleiner Sieg, der eine große Wirkung hatte. Alle liefen für eine Umarmung auf sie zu.
„Bin ich glücklich euch zu sehen“, sagte sie.
„Wir dachten echt, du wirst nie aufwachen! Aber bekanntlich sollte man niemals nie sagen!“, sprach Pinkie Pie und hüpfte freudig auf und ab. Rainbow Dash lächelte sie an. Langsam kamen die Erinnerungen wieder. Je welches Gesicht sie sah, spielte sich eine neue Szene vor ihr ab. Aber Rainbow Dash hatte das Gefühl das jemand fehlte.
Twilight begann zu fragen.
„Kannst du dich erinnern, was passiert ist? Weißt du alles?“
Rainbow Dash sah zur Decke.
„Ich kann mich an wenige Sachen erinnern. Ich weiß, dass etwas mit Cloudsdale passiert ist.“
Rarity hob die Karte vom Nachttisch hoch.
„Oh! Wie ich sehe, hast du einen Verehrer.“
„Das hier“, antwortete Rainbow darauf deutend. „Ich kann mich nicht erinnern von wem sie stammt.“
Rarity sah sich den Brief noch einmal genauer an und hob eine Augenbraue.
„Da steht, vergiss mich nicht mit Herzchen und du hast ihn anscheinen trotzdem vergessen… Schäm dich.“
Rainbow Dash schmunzelte verlegen. Der Absender wäre bestimmt nicht glücklich. Jedenfalls wurde sie rot, wenn sie an diese Nachricht dachte.
Pinkie Pie machte inzwischen schon große Pläne. Sie stütze mit den Vorderhufen an das Bett.
„Wenn du rauskommst, werden wir eine wunderbare Aufwachparty für dich geben. Was hältst du davon, Dashie?“
Rainbow Dash lächelte sie auch an. Dann drehte sie den Kopf zur Tür. Dr. Horse betrat das Zimmer.
„Die zehn Minuten sind leider rum.“
Pinkie gab Rainbow eine schnelle, dicke Umarmung und folgte sie den anderen. Doch Twilight blieb noch kurz, um ein paar wichtige Fragen zu stellen.
„Rainbow, weißt du was du an diesem Tag getan hast? Ich will dich nicht auf die Folter spannen. Du kannst schweigen, wenn du willst.“
Rainbow Dash sah zur Decke. Eine Fliege schwirrte durch den Raum. Das erinnerte sie an ihren letzten Flug. Er war ein gemütlicher Flug nach Cloudsdale gewesen. Sie wollte nur mit dem Chef der Wetterfabrik einen Deal aushandeln. Dann geschahen schreckliche Dinge.
Rainbow Dash sank traurig den Kopf.
„Ich erinnere mich langsam. Aber dazwischen ist ein dicker Filmriss. Das Letzte an was ich mich erinnern kann war… Das zornige Gesicht eines Greifs… und du… Ich lag in deinen Armen.“
Twilight nickte verständlich und antwortete.
„Dieser Tag wird von nun an als der „Wolkenbruch-Tag“ bezeichnet. Viele Pegasi wurden von Terroristen ermordet. Doch du hast den Kopf der Bande ausgeschaltet. Du bist eine Heldin, Rainbow Dash.“
Sie konnte es gar nicht Recht verstehen.
„Ich bin was?“
„Ich werde dich in Ruhe lassen. Ich glaube ich habe dir schon zu viel gesagt. Aber merke dir, wir werden immer an deiner Seite sein.“
Nach diesen Worten verließ sie das Zimmer.
Rainbow Dash lag nun wieder alleine im Bett und dachte nach. Sie versuchte wieder an ihre letzten Erinnerungen zu denken. Aber da war nichts. Es war so, als hätte man den gesamten Mittelteil eines Films entfernt und nur den Anfang und das Ende übrig gelassen. Rainbow Dash war sich nicht sicher, ob sie diese Erinnerungen wieder zurückhaben will. Doch sie lebte und hatte ihre Freunde wieder um sich und das war die Hauptsache.

Es besserte sich langsam. Das waren die laufenden Meldungen von Dr. Horse, wenn sie einmal Täglich durchgecheckt wurde. Die Wochen vergingen, schon bald konnte Rainbow Dash wieder selbstständig laufen. Ihre Freunde besuchten sie jedes Wochenende. Aber über den Wolkenbruchtag wurde nicht mehr geredet.
Twilight brachte ihr neue Bücher. Dabei waren auch andere Bänder als die Daring Do-Romane, die Rainbow sonst immer las. Doch sie musste zugeben, dass sie einige Geschichten vergessen hatte. Twilight lachte darüber, Rainbow fand das gar nicht komisch. Aber die Prinzessin erzählte die Geschichten ihr gerne nach.
Rainbow vermisste die Freiheit wenn sie durch den Gang zum Gemeinschaftsraum lief und aus dem Fenster starrte, doch der Arzt hatte ihr geraten noch eine Weile auf dem Boden zu bleiben.
Dann kam der Tag, an dem sie das Krankenhaus endlich verlassen durfte. Als die Schiebetüren des Eingangs sich öffneten stand ein breitgrinsendes, orangenes Erdpony vor ihr.
„Howdy, Partner!“, rief Applejack und zog an ihrem Cowboyhut. Neben ihr stand ein gelbes Fohlen mit roter Mähne und einer rosa Schleife. Es war in Begleitung zwei weiteren Fohlen. Ein weißes Einhorn und ein orangener Pegasus.
Rainbow Dash umarmte ihre langjährige Freundin.
„Applejack! Vielen Dank für die Abholung!“
„Mach ich doch gerne“, sagte sie und klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter. Das Pegasusfohlen mit der magentafarbenen Mähne sprang auf und ab. Rainbow wurde aufmerksam darauf. Sie kannte die drei Fohlen, aber irgendwie wollten ihr die Namen nicht einfallen. Das Farmerpony bemerkte den besorgten Blick.
„Nimm‘ uns doch nicht auf den Arm! Du wirst doch wohl meine kleine Schwester, Applebloom wiedererkennen!“, lachte sie.
Richtig! Sie erinnerte sich wieder. Auch die Namen der anderen zwei Fohlen fielen ihr wieder ein.
„Ach, ja! Dann sind das ja Sweetie Belle und Scootaloo. Wo hab ich nur meinen Kopf“, sprach sie geniert.
Applejack tätschelte ihr den Rücken.
„Schon gut! Das werden wir dir nicht verübeln.“
„Aber ich“, plusterte sich Scootaloo der kleine Pegasus auf. „Wieso konntest du dich erst durch Applebloom an mich wiedererinnern?“
„Tut mir Leid, Scoot! Ich hab‘ was Mächtiges auf den Schädel bekommen!“
„Ja“, schnappte sie. „Du hast ganz Equestria auf den Kopf bekommen!“
„Wieso bist du so gemein zu Rainbow Dash?“, fragte Sweetie Belle verwundert.
Erst schien das junge Fohlen eiskalt zu bleiben. Aber in der Zeit des trotzigen Schweigens kamen die Tränen. Dann umarmte sie den Lauf ihres Regenbogen-Idols.
„Ich hab‘ mir so solche Sorgen gemacht!“, jammerte sie. Rainbow hatte mit so einem Gefühlsausbruch nicht gerechnet. Doch es erwärmte ihr das Herz.
„Es ist ja gut, meine Kleine! Ich bin ja wieder da und werde dir neue Stunts zeigen!“
Das stimmte Scooterloo glücklich und wischte ihr Gesicht ab.
Applejack führte Rainbow Dash zu Twilights Schloss. Dem Pegasus fiel etwas auf. Die zwei Einhorn-Wachen salutierten am Tor und öffneten es mit ihrer Magie. Die Regenbogenstute musste die zwei Hengste eine Weile verdutzt anstarren, ehe sie weitergehen konnte. Die Uniform der Wachen waren violett wie Twilights Fellfarbe und besaßen ein pinken Stern am Kragen. Es war höchst ungewöhnlich eine Wache in dieser Farbe zu sehen. Auch in der Empfangshalle standen einige Wachen stramm da und grüßten, als sie mit den Fohlen vorbeiliefen. Applejack bemerkte Rainbows verwundertes Gesicht.
„Twilight war dagegen. Es macht zwar das Schloss etwas belebter, aber sie fühlt sich ständig beobachtet. Mir geht es auch nicht anders, wenn ich ehrlich bin.“
„Aber warum?“, fragte Rainbow Dash.
Applejack seufzte.
„Nach dem tragischen Ereignis in Cloudsdale hat sich vieles geändert, Rainbow…“
Sie öffnete die Pforte zum Hauptraum. Im nächsten Moment überkam ihr ein gigantischer Konfettisturm.
„ÜBERRASCHUNG!“
Ihre Freunde sprangen hervor. Pinkie Pie rannte voraus und umarmte sie.
„Pinkie! Sei vorsichtig!“, rief Twilight gleich.
„Unsere Super-Duper-Doppel-Wubber-Dashi ist wieder da!“, sang die Party-Stute.
Rainbow konnte erkennen, dass es eigentlich eine kleinere Party war. Trotzdem hatte sie einen großen Schwung bekommen. Das lag bestimmt an Pinkie Pie. Neben Twilight, Rarity, Applejack und den Fohlen war auch ein DJ dabei, sowie ein paar Ponys, die Rainbow Dash nicht kannte (oder nicht wiedererkannte) dabei. Doch etwas fehlte am ganzen Auftritt.
In dieser Halle, sie konnte sich wieder erinnern, hielten die Freunde Konferenzen ab. Der kristallene Kartentisch stand in der Mitte umringt von sechs Sitzen. Die bunten Ballons und Girlanden waren nur aus diesem besonderen Anlass da.
„Was ist, Dashie? Alles in Ordnung?“, fragte Pinkie.
„Doch“, antwortete sie. „Es ist spitze! Nur… Ich habe das Gefühl, dass jemand fehlt.“
Rarity und Twilight tauschten sich gegenseitig nervöse Blicke. Pinkie Pie schnappte ein Schokoladenkuchenstück und bot ihn Rainbow an.
„Ich weiß, ich weiß! Der ganze Krankenhausfraß… Ich meine, blääh! Die haben ja nicht mal Cupcakes, nur dieses Erbsenzeug und immer den gleichen Wackelpudding. Du brauchst etwas Abwechslung.“
Sie hielt ihn ihr unter die Nase.
„Kuchen?“
„Nein, noch nicht Pinkie!“, sagte sie und schob das Stück weg. „Ich bin für diese Feier echt dankbar. Aber…“
Sie drehte sich um und sah ihre Freundinnen einzeln an.
„Wo ist Tank?“
Wie auf Stichwort hörte sie ein breites Gähnen unter dem Tisch. Eine Schildkröte kroch gemächlich aus dem Schatten und sah ihr Frauchen grüßend an.
„Ah, da bist du ja, du alter Haudegen!“
Sie knubbelte seine Nase. Twilight sah Rarity erleichtert an, da sie sich umsonst gefürchtet hatten. Hätte sie nach diesem gewissen Pony gefragt, wäre es garantiert kompliziert geworden.
Rainbow Dash schaute über den Tisch. Durch die breite Karte konnte sie ganz Equestria in 3D-Mininatur überblicken. Doch ihr viel etwas auf. Da wo eigentlich Cloudsdale sein sollte waren verwaschene Wolken zu sehen und ein paar Säulenruinen, die wie abgebrochener Zähne heraus ragten.
„Moment mal!“
Sie sah hinauf zu einem Sitz, dessen langgezogene Lehne von einem weißen Tuch verdeckt worden war. Das roch faul. Rarity und Twilight machten sich nun doch Sorgen. Auch Applejack verzog das Gesicht in panische Angst.
Rainbow Dash breitete die Flügel aus und flog das erste Mal seit Langem über den Kartentisch. Ihre Freunde wollten sie davonabhalten. Doch sie war zu schnell. Sie schnappte das Laken von der Lehne und enthüllte drei rosa Schmetterlinge.
Rainbow Dash keuchte. Sie erinnerte sich und ihr fiel wieder der Name ein.
„Oh, nein“, ächzte Twilight und sah zu, wie Rainbow Dash vollkommen aufgelöst und schockiert zu Boden sank.
Applejack kam schnell dazu. Sie wollte es möglichst schonend erklären.
„Rainbow! Es… Es ist so. Du hast doch alles miterlebt und…“
„Ich weiß… Ich erinnere mich wieder“, sagte Rainbow Dash rau.
„Wir waren nicht sicher…“
„Ja, was ist mit euch?“ Sie drehte sich um und entblößte ihr zutiefst enttäuschtes Gesicht. „Ihr tut ja gerade so, als ob sie nie existiert hat!“
Sie sah wütend in die Runde. Alle wurden ganz Schweigsam. Sogar der DJ hat die Anlage gestoppt. Pinkie Pie sah vor ihren Augen, wie die so gut organisierte Party in die Brüche ging. Sie erkannte ihren Fehler. Hätte sie nur einen anderen Ort gewählt. Twilight trat vor und wollte mit ruhiger Stimme die Wogen glätten.
„Es sind zwei Monate vergangen. Glaubst du, wir hätten in der Zeit nicht um sie geweint?“
Rainbow Dash war in der Aufregung um ein paar Meter hinaufgeflogen.
„Das entschuldigt aber nicht, dass ihr mir das so amateurhaft vorenthaltet!“
Damit hatte sie den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte Applejack.
„Du hast Recht, wir sind wirklich Amateure!“
„Ach… Mehr habt ihr nicht zu sagen?“ Sie flog noch höher und erreichte fast den Wurzelkronleuchter, der über dem Tisch hing. Ein Geschenk von ihr und den anderen an Twilight. Er bestand aus Wurzeln mit hunderten von bunten Edelsteinen, die Bilder von früher zeigten. Ursprünglich war er ein Bestandteil aus Twilights altem Heim, der Golden Oak Bibliothek, die vor Jahren zerstört worden war.
Twilight nahm diesmal einen mahnenden Ton an.
„Und wie hätten wir es dir beibringen sollen? Du bist gerade erst aus dem Koma erwacht und das ohne Erinnerungen. Glaubst du, es wäre leichter dir alles auf Anhieb zu erzählen? Wir wollten dir ein sanftes Aufwachen bereiten! Also komm‘ jetzt runter von deinem Ast, sonst verhedderst du dich noch am Kronleuchter!“
Rainbow Dash sah nach unten. Die Halle war groß und alle Ponys sahen ziemlich klein aus. Sie wusste nicht, dass es so tief hinab ging. Jedenfalls kam es ihr so vor. Es war so weit, sie musste immer heftiger atmen und auf einmal überkam ihr ein ungewöhnlicher Schwindel. An ihrem Brustbereich tauchte ein unheimlicher Schmerz auf, der sie zu Boden zwang. Sie hörte Twilight rufen, aber nicht mehr so deutlich. Kurze traumatische Filmfetzen tauchten auf und verschwanden wieder.
„Wie… wieso wird es mir so übel?“
Sie sank lautstark keuchend auf den Tisch. Der ganze kalte Schweiß rann über ihr Gesicht. Twilight flog auf sie zu um sie zu stützen. Rainbow konnte nichts sagen. Alles drehte sich. Selbst Twilights Gesicht hatte sich verzogen und wirkte auf einmal viel größer als sonst.
Die anderen rannten zum Geschehen. Rarity studierte die Situation und konnte sich keinen Reim auf diese Reaktion machen.
„Was ist mit ihr los? Ist es wegen…?“
„Nein! Ist es nicht“, sagte Twilight nachdenklich.
Die drei Fohlen kamen angestürmt, Scootaloo natürlich mit besorgtem Blick voraus. Sie konnte vor lauter Angst kaum still stehen
Rainbows starrer Blick war auf die Prinzessin gerichtet, sie atmete immer noch schwer und wirkte wie gelähmt, als hätte sie eine Giftnatter gebissen. Mit zitternden Hufen versuchte sich an Twilight zu klammern. Die Prinzessin sah auf und wandte sich zu den Gästen und ihren Freundinnen.
„Ich bringe sie in mein Schlafzimmer und werde der Sache auf den Grund gehen. Räumt schon mal auf. Das Fest muss verschoben werden, so Leid es mir tut.“
Sie nahm den gelähmten Pegasus in die Arme und flog aus dem Raum. Scootaloo wollte nach laufen, aber Applebloom hielt sie auf.
„Lass Twilight ruhig machen. Ich wette sie weiß was sie tut!“

Rainbow Dash kam später wieder zu sich. Sie lag im breiten, violetten Bett ihrer Freundin. Es besaß ein großes Dach, die von zwei stabilen Holzpfosten gehalten wurden. Das typische Schlafgemach einer ernannten Prinzessin eben. Es war sonderbar in so einer Matratze zu liegen. Rainbow Dash hatte unglaublich viel Freiraum, sodass all ihre Freundinnen darin schlafen konnten, und es wäre immer noch viel Platz. Der Pegasus sah sich um. Die Prinzessin stand am Tisch und las. Der Regenbogenstute kam es so vor, als würde das gesamte Zimmer schaukeln. Trotzdem richtete sie sich auf, wenn auch sehr unbeholfen. Ein sanfter Druck durch Twilights Magie schob sie wieder ins Bett. Sie hatte wohl gespürt, dass sie aufgewacht war. Alicorne wie Twilight konnten die Auren der Ponys leichter fühlen und ausmachen, ob man schlief oder nicht. Sie schloss das Buch und lief zum Bett hinüber. Ihr Gesicht war von einer großen Sorgenfalte gezeichnet.
„Wie fühlst du dich, Rainbow?“
„Alles dreht sich und ich höre ein ständiges Rauschen in meinen Ohren“, antwortete sie und fragte sich, wie lange sie wohl weg gewesen war.
„Das ist normal! Du bist vor einer Stunde in Ohnmacht gefallen.“
Rainbow Dash sah verwirrt drein. Hatte sie sich so sehr aufgeregt, dass sie einen Kollaps bekommen hatte? Doch sie erinnerte sich. Sie flog unter dem Kronleuchter und dann hatte der Anfall eingesetzt. Sie konnte sich nicht erklären, warum das geschah.
„Was ist passiert?
„Du hast hyperventiliert!“, sagte Twilight und legte das Buch offen auf das Bett. „Vermutlich wegen der Aufregung und dem Ganzen…“
Rainbow Dash wollte sich wieder aufrichten, aber Twilight schob sie wieder zurück.
„Du bist noch nicht ganz genesen. Körperlich bist du ganz fit, aber im psychischen…“
„Du meinst wohl, ich habe eine an der Waffel?“, fragte Rainbow Dash leicht beleidigt. Twilight verdrehte die Augen zu einer kleinen Unschuldsmiene und gab vorsichtig zu:
„Um es freundlicher auszudrücken, dein Geist hat gerade großen Stress.“
Rainbow sah sie lange an und sagte erst Mal nichts. Es ärgerte sie ein wenig, dass ihre Freundin mehr wusste als sie.
„Du weißt wirklich nichts, was am Wolkenbruchtag geschah“, fragte sie nochmal nach.
„Nein, verdammt! Ich weiß nur, das Cloudsdale zerstört wurde, dass ich in diesem Chaos mitbeteiligt war und ich weiß… das…“
Rainbow Dash drehte ihren Kopf zur Seite und verkniff eine Träne.
„…das Fluttershy tot ist…“
Sie keuchte und versuchte so still wie möglich zu weinen. Twilight ließ sie dabei. Es war richtig so. In den letzten zwei Monaten hatte der arme Pegasus seine Trauer nicht verarbeiten können. Twilight schon. Beide fühlten wie unfair das war. Es war nicht fair, dass es ausgerechnet sie erwischt hatte.
Twilight setzte sich aufs Bett und streichelte Rainbows zerzauste Mähne.
„Aber du hast eine große Heldentat begangen und damit ihren Tod gerächt. Du hast wirklich vielen das Leben gerettet.“
Rainbow schaute sie nicht an. Doch ihre Augen wurden immer starrer, als sie nun endlich realisierte was passiert war. Nun wusste sie was das zornige Gesicht in ihrem Kopf zu bedeuten hatte. Cloudsdale wurde von Greifen angegriffen. Es waren Terroristen gewesen, die sich an die Pegasi rächen wollten. Sie hatte den Anführer getötet, in dem sie einen selbstmörderischen Sturz hingelegt hatte.
„Aufhören!“, rief Rainbow und igelte sich ein. Twilight zuckte zusammen. Scheinbar hatte sie einen wunden Punkt berührt.
„Schon gut. Tut mir Leid, Rainbow! Ich werde nicht fragen. Ruh‘ dich aus“, sagte sie und wollte gehen.
„Nein, nein! Bleib!“, rief sie und richtete sich auf.
„Gibt es einen Weg, wie es mir wieder besser gehen kann?“
Twilight setzte sich wieder aufs Bett und sprach ruhig und leise.
„Die Seele eines Ponys ist sehr empfindlich. Wir sind von Natur aus sehr ängstliche Geschöpfe. Wir fliehen lieber vor Gefahren, als sie sich ihnen zustellen. Manche Erlebnisse bleiben so stark in Erinnerung, dass man in Panik verfällt wenn man nur daran erinnert wird.“
„Was meinst du damit?“, wollte Rainbow wissen.
„Das du ein schweres Trauma hast, dass dich zu solchen Anfällen verleitet…“
Rainbow Dash bekam das Schaudern. Aber wovon sollte sie Angst haben? Denn sie war eher furchtlos.
„Von was soll ich bitteschön Angst bekommen?“
Twilight schaute, als wäre sie bei einem Kriminalfall.
„Sag‘ du es mir! Was hast du gefühlt, als du den Wutanfall bekommen hast?“
Rainbow versuchte sich an den Moment erinnern.
„Keine Ahnung. Ich flog… Weil ich einfach sauer war… Dann schaute ich nach unten und dann… Da wurde alles so hoch und mir wurde schwindelig.“
Schon als sie das Wort „hoch“ verwendete, sah Twilight wie ihre Pupillen kleiner wurden. Sie tippte einmal auf die Bettdecke und sagte erkennend:
„Das ist es! Höhe!“
„Wie?“
„Du hast Höhenangst!“
Rainbow Dash konnte nicht glauben, was sie da hörte. Sie lachte laut auf.
„Pfff! Du machst doch wohl Witze! Ich und Höhenangst?“
„Es ist eine andere Art von Angst. Sie findet tief im Innern statt. Du hast einen heftigen Sturz hinter dir und dein Hirn hat es als negatives Erlebnis verarbeitet. Jedes Mal, wenn du in luftiger Höhe bist und nach unten schaust, fühlst du dich in der gleichen Situation, wie vor zwei Monaten. Dein Gehirn schaltet eine Art Schutzmechanismus ein, um noch einmal so einen Sturz zu verhindern.“
Rainbow war schockiert, als sie das hörte. Es war klar was das bedeutete. Kein Fliegen mehr. Damit war sie auf den Boden gebunden. Vermutlich für immer.
„Tzz… Da kann ich gleich mich von der Wonderbolt-Akademie abmelden.“
Rainbow Dash wollte unbedingt zu der equestrianischen Flugtruppe gehören, aber mit dieser seltsamen „Angst“, war das nicht mehr möglich. Ein einziger Sturz hatte ihre ganze Zukunft verbaut.
„Das darf nicht sein! Mein Leben! Meine Träume…“
Sie starrte ihre Hufe an, als wollte sie verzweifelt die Antwort daraus lesen. Dann sah sie das Alicorn entsetzt an.
„Kann man das heilen? Ein Zauber, ein Trank, irgendetwas! So kann ich nicht leben!“
Twilight stand auf und sah sich die Bücherregale an. Mit den Augen suchte sie jeden Buchrücken einzeln ab. Normalerweise hatte sie ihren Assistenten Spike dabei. Doch der kleine Drache war in Moment in Canterlot unterwegs, um Urlaub zu machen. Jedoch konnte Twilight inzwischen als Prinzessin sich gut selbst helfen. Ihr schnelles Auge, das sie schon immer hatte konnte die Buchrücken in Sekundenbruchteile lesen. Teils half auch der Wiedererkennungswert. Spike konnte es jedoch besser und deswegen war er immer noch gut zu gebrauchen.
„Da haben wir es“, rief sei schließlich und lies ein dickes Buch aus dem Regal zum Bett schweben.
„Das Buch der bekanntesten Phobien“, hieß es. Rainbow Dash schlug es in der Mitte auf. „Tris-kai-de-ka-phobie – Die Angst vor der Zahl 13?“
„Such unter A! Ich glaube da findest du es.“
Rainbow blätterte um las die sämtlichen Phobien durch, die mit A begannen. Es waren mächtig viele. Aber da erschien ein langer Text. Sie seufzte und gab Twilight das Buch.
„Zu viele Fremdwörter. Lies du, bitte.“
Twilight tat das für ihre Freundin.
„Akrophobie, auch Höhenangst genannt. Der Betroffene empfindet bei schwindelerregenden Höhen Übelkeit, Brustschmerzen und Atemnot. Ein weitverbreitetes Krankheitsbild bei nicht flugfähigen Ponys. Sehr selten taucht sie auch bei Pegasi auf. Grundsätzlich kann Akrophobie angeboren sein oder auch durch einen schlimmen Sturz „angelernt“ sein.“
Sie überflog ein paar Zeilen.
„Therapeutisch behandelbar ist die Phobie mit Medikamenten und Zaubern, die allerdings das Problem nicht lösen. Die effektivste Lösung ist eine Psychotherapie von Spezialisten… Und hier hat jemand was an den Rand gekitzelt: Nervenklink Stutengart.“
Eine schrille, aufgeregte Stimme erklang. „DIE STADT KENN‘ ICH!“
Pinkie Pie sprang auf dem Bett herum. Es schien als kam sie aus dem Nirgendwo. Die andern beiden waren erschrocken zusammengefahren. Twilight dachte schon glatt, sie hätte die Pinkiephobie bekommen.
„Du kennst Stutengart?“
Das energiegeladene Pony sprang vom Bett und trällerte vergnügt.
„Natürlich! Sie ist unter den meisten Erdponys bekannt. Größtenteils leben dort wohlhabende Ponys. Aber die bekanntesten Sehenswürdigkeiten sind das Alte Schloss von Kanzler Puddinghead, der Tulpengarten und die größte und beste Spa von Equestria!“
Twilight überlegte und hob interessiert die Augenbrauen.
„Und dort soll es auch eine Nervenklinik geben?“
Pinkie Pie nickte. „Soweit ich weiß ja!“
Rainbow Dash fand das gar nicht lustig. Sie fühlte schon förmlich, wie die beiden Stuten sich gegen sie verschwören.
„Ihr werdet mich doch nicht in eine Klapsmühle stecken?“
„Ich weiß wie dir zumute ist, Rainbow“, sagte Twilight. „Aber wenn es deine Höhenangst heilen kann, würde ich diese Option nicht ausschließen.“
Rainbow blieb energisch. Sie hatte genug Würde verloren. Ablehnend hob sie den Huf und schüttelte den Kopf.
„Das kommt nicht in die Tüte!“
Twilight schien ein Gesicht zu machen, als würde sie es akzeptieren. Dann sah sie zu Pinkie.
„Da kann man wohl nichts machen… Wir müssen dich dazu bringen.“

Rainbow Dashs Hufen schliffen über dem Gehweg zum Bahnhof. Applejack hatte ihre Hinterhufe zusammengebunden und zog sie mit sich durch das Dorf. Twilight, Pinkie und Rarity liefen nebenher und trugen für Rainbow die Sachen. Es war relativ leicht gewesen sie einzufangen. Sie konnte nicht sonderlich hochfliegen, da sie einen neuen Anfall fürchtete. Applejack verstand die Sache sofort und konnte sie mit ihrem Lasso einfangen. Rainbow Dash schimpfte und zeterte. Scootaloo jammerte auch darüber, wie die Freunde ihre Heldin behandelten. Aus der Sicht der Bewohner war das wie eine höchst eigenartige Parade, die zwei Schleifbahnen auf dem Boden durch Rainbows Hufe hinterließ. Diese Spur konnte man bis zum Ponyville Hauptbahnhof verfolgen. Dort stand schon der Zug und die Stuten beeilten sich ehe er abfuhr.
„Der Zug nach Nümchen fährt in fünf Minuten los!“, rief der Bahnhofpförtner. Twilight lief auf den bärtigen, dicken Erdponyhengst zu.
„Fährt dieser Zug durch Stutengart?“
„Aber ja! Wunderbare Stadt! Es wird euch gefallen!“
Applejack brachte Rainbow Dash in den Wagon und schloss die Tür, ehe sie schnell davon flitzen konnte.
„Das ist nicht fair!“, maulte die Regenbogenstute.
„Rainbow, es wird dir gut tun. Ich war früher einmal auch dort und ich hatte mich noch nie so erholt gefühlt“, meinte Applejack und setzte das wohl ehrlichste Gesicht auf, was sie konnte. Rainbow schwieg. Wenn das Farmerpony das sagte, war wohl etwas dran. Sie würde es nicht einfach so erzählen.
„Außerdem ist es nur eine Kur, die dein erlebtes Trauma verarbeiten lässt. Es ist keine Klapsmühle, wie du sie nennst und es dient nur zu deiner Entspannung.“
Rainbow sah es ein, dass ihre Freunde nur helfen wollten. Sie sorgten sich um sie und eigentlich sollte sie dankbar sein.
Die Lok pfiff. Bald fuhr sie ab. Die Freunde standen in einer Reihe und verabschiedeten sich noch einmal von Rainbow Dash. Scootaloo war die einzige, die nicht glücklich aussah. Sie wäre am liebsten mitgekommen.
„Pass auf dich auf!“, rief sie.
„Das werde ich, Kleine!“, sagte Rainbow lächelnd. Langsam akzeptierte die Entscheidung ihrer Freunde. Vermutlich würde eine Kur helfen.
Twilight gab noch einen kleinen Hinweis.
„Wenn du angekommen bist, wartet ein Taxi auf dich. Ich gebe der Klinik Bescheid, das du kommen wirst.“
Der Zug ertönte noch einmal. Dann fuhr er los. Pinkie Pie schrie springend vor Freude und winkte der Regenbogenstute zum Abschied. Dann verschwanden ihre Freunde außer Sichtweite.
Rainbow Dash reiste durch die weite Pampa von Equestria ins Unbekannte. Bäume, Strommasten und Gebüsche zogen an ihr vorbei. Somit hatte viel Zeit zum Nachdenken und zu Trauern. Nach einer Fahrtstunde sah sie hinter ein paar Hügeln die Turmspitze des Crystal Empire, der in der Sonne glänzte und in spektralen Farben glitzerte. Doch sie fuhr noch weiter als bisher. Viele Stunden vergingen. Der Zug ratterte durch dichte Berge und irgendwann sah Rainbow eine Stadt. Es schien eine ähnliche Großstadt wie Manehatten zu sein. Doch die Gebäude sind etwas niedriger. War dies Stutengart? Ein gelbes Stadtschild gab den endgültigen Hinweis darauf, dass sie richtig lag. Rainbow Dash hatte es sich etwas anders Vorgestellt. Eher wie ein Garten mit vielen Teichen. Doch es sah wie eine ganz normale Großstadt aus. Sie dachte lieber nicht so viel nach, vielleicht würde es schön sein. Der erste Schein konnte immer trügen.
 
 


 


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